Wenn zwei Kandidierende gleich viele Stimmen erhalten, aber nur ein Sitz besetzt werden muss, entscheidet das Los darüber, welche der beiden Personen gewählt ist.
Festgelegt ist dies im Bundesgesetz über die politischen Rechte sowie in einem Entscheid des Bundesgerichts.
Für die Losziehung sind verschiedene Vorgaben einzuhalten, insbesondere muss sie:
von der Kantonsregierung angeordnet werden
vor Ort von einem Mitglied der Kantonsregierung oder einer Vertretung vorgenommen werden
von Hand ausgeführt werden
in öffentlicher Sitzung erfolgen. Insbesondere die Kandidatinnen und Kandidaten sowie die Parteien, die vom Entscheid betroffen sind, haben das Recht, der Losziehung beizuwohnen.
Die elektronische Auslosung hingegen ist nicht erlaubt, vor allem weil damit die Gleichbehandlung der Kandidierenden nicht sichergestellt wäre.
23 979: So viele Stimmen erhielt die Tessiner Nationalratskandidatin der Christlich-demokratischen Volkspartei (CVP), Monica Duca Widmer, in den Nationalratswahlen 2011.
23 979 Stimmen fielen aber auch auf Marco Romano, auch er Tessiner Nationalratskandidat der CVP.
Wer erhielt nun letztlich das Nationalratsmandat? Am Abend der Stimmenauszählung entschied ein Computer mit einer automatisierten Losziehung, Monica Duca Widmer sei gewählt.
Verschiedene Bürgerinnen und Bürger fochten dieses Resultat an. Das Bundesgericht hob den elektronischen Losentscheid auf.
Am 25. September 2011 führte der Kanton Tessin eine manuelle Losziehung durch. Gewählt wurde Marco Romano.
Dass zwei Personen, die für den Nationalrat kandidieren, gleich viele Stimmen erhalten, kommt äusserst selten vor.
Einen weiteren Fall von Losentscheid im Zusammenhang mit den Nationalratswahlen gibt es. Allerdings sind die Gründe dafür anders als 2011. Und man muss weit zurückgehen bis zu den Nationalratswahlen 1939. Damals erhielten zwei Kandidaten des Kantons Basel-Landschaft – Hugo Gschwind (Katholisch-Konservative) und Walter Hilfiker (Sozialdemokratische Partei) – gleich viele Stimmen. Das Los musste entscheiden, weil nach der alten Verfassung des Kantons Basel-Landschaft nur ein Mitglied der Kantonsregierung einen Nationalratssitz einnehmen konnte. Gschwind und Hilfiker waren aber beide Mitglieder der Kantonsregierung. Das Los fiel auf den katholisch-konservativen Kandidaten.
Gesetzliche Grundlagen
Bundesgerichtsentscheidung